von Dr. Nikolaus Braun
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie erinnern sich vielleicht, dass wir im Rahmen unseres Tags der offenen Tür eine Beratung für jedermann pro bono angeboten haben: Zwanzig Minuten – „Was Sie einen Honorarberater schon immer fragen wollten?“ Insgesamt waren das gut dreißig, zum Teil wunderbare Gespräche.
Ein Aspekt hat mich dabei so positiv überrascht, dass ich diesen gerne mit Ihnen teilen möchte. Zufall oder nicht: Ich habe mich im Laufe der zwei Tage mit drei Frauen unterhalten, die alle eine Sache gemeinsam hatten: Sie haben im Laufe der letzten Jahre ihre finanziellen Angelegenheiten in die eigenen Hände genommen und begonnen, gute Lösungen zu finden, vor allem aber, sich richtig gute Fragen zu stellen.
Aus eigener Kraft aus der eigenen finanziellen Inkompetenz finden
Etwa Katrin, die trotz der traumatisierenden Insolvenz ihres Vaters, trotz grusliger Erfahrungen mit Produktverkäufern aus dem Strukturvertrieb inzwischen einen ausgesprochen souveränen Umgang mit ihren Finanzen hat: Sie hat ihre dysfunktionalen Versicherungsprodukte schon vor Jahren aufgelöst und spart konsequent in zwei, drei breit gestreute ETFs, ohne sich von Kapitalmarktschwankungen nervös machen zu lassen. Eine Geschichte, die mir fast identisch Christiane erzählt hat – natürlich bis auf die Insolvenz des Vaters.
Beeindruckt hat mich auch Andrea, die ebenfalls seit Jahren einen maximal unkomplizierten und disziplinierten Vermögensaufbau betreibt und deren Gedanken um die Frage kreisten, wie sie ihre behinderte Tochter dauerhaft absichern könnte.
Gibt es spezifisch weibliche Stärken im Umgang mit Geld?
Interessanterweise hatten alle diese Frauen ein paar Dinge gemeinsam:
• Sie haben in der Vergangenheit – nicht zuletzt dank windiger Finanzberater:innen – schlechte Finanzentscheidungen gefällt.
• Sie haben alle die Kraft und Rationalität gefunden, die Fehlentscheidungen zu korrigieren.
• Sie haben sich über gute neutrale Quellen, etwa Finanztip, Finanzfluss, den Blog von Gerd Kommer, Dani Parthum und – was mich natürlich immer freut – auch über meine Bücher informiert.
• Noch wichtiger: Sie haben einen großen Bogen um allen möglichen finanzpornografischen Unsinn im Netz gemacht.
• Alle waren – trotz ihrer am deutschen Durchschnitt gemessen – hervorragenden Finanzkompetenz sehr bescheiden im Auftreten, meist eher verunsichert.
• Ihre Fragestellungen kreisten darum, wie Geld ihre Lebensqualität verbessern kann.
Sie haben sich dabei auch sehr angenehm von einigen (wenigen) der männlichen Besucher der beiden Tage unterschieden: kein Fragen nach heißen Tipps, keine Besserwisserei, kein gefährliches Halbwissen und keine Beratungsresistenz.
Jetzt sind drei Personen alles andere als eine repräsentative Stichprobe, aber was ich bei Katrin, Andrea und Christiane beobachtet habe, deckt sich in weiten Teilen nicht nur mit der Erfahrung meiner beruflichen Praxis, sondern auch mit den Erkenntnissen anderer Studien. Wo Männern gegebenenfalls traditionellen kompetitiven Rollenbildern und vielleicht sogar einem zu hohen Testosteronspiegel zum Opfer fallen, neigen Frauen wesentlich weniger dazu, unbedingt gewinnen zu wollen. Und am Kapitalmarkt gewinnen zu wollen, weil man so viel schlauer ist als alle anderen, ist ein fast totsicheres Rezept, um am Ende zu scheitern.
Oft fehlt es nur an einem Stück Selbstvertrauen
Allen dreien habe ich – bis auf ein paar Fußnoten – am Ende im Wesentlichen den gleichen Rat gegeben: Machen Sie so weiter wie bisher, Sie haben allen Grund, sehr stolz auf sich zu sein, und hören Sie auf, an sich zu zweifeln, das haben Sie nicht verdient. Liebe Katrin, liebe Andrea, liebe Christiane, danke, dass Sie dafür gesorgt haben, dass ich nach dem Tag der offenen Tür mit einer so guten Laune nach Hause gegangen bin.
Liebe Grüße
Nikolaus Braun
Neunundvierzig Honorarberatung
P. S.: Ich freue mich auf Rückmeldungen unter: nachdenken@neunundvierzig.com
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02/11/2024