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Zwischen Tool und Täuschung: Was KI im Finanzbereich leisten kann – und was nicht

von Stefan Heringer

Sehr geehrte Damen und Herren,

Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Sie schreibt Texte, analysiert Daten, chattet mit Mandantinnen, erstellt Portfolios. Sogar bei der Geldanlage wird sie zum digitalen Orakel erhoben. Doch bevor wir ChatGPT zum Chefstrategen ernennen und Midjourney das Risikomanagement überlassen, lohnt sich ein nüchterner Blick auf die Realität.

KI ist ein hervorragendes Werkzeug

Was KI wirklich gut kann: Muster erkennen, große Datenmengen verarbeiten, Zusammenhänge sichtbar machen. Wer beispielsweise verstehen will, wie sich verschiedene Anlageklassen in der Vergangenheit entwickelt haben, bekommt in Sekunden eine visuelle Antwort. Auch bei der Analyse von Portfolios oder der Vereinfachung von Finanzjargon kann KI wertvolle Dienste leisten.

KI hat aber auch klare Grenzen

Was KI hingegen (noch) nicht kann: Verantwortung übernehmen, abwägen, priorisieren oder Empathie zeigen. Die Frage, wie viel Risiko jemand erträgt, was „Sicherheit“ für Ihre Familie bedeutet und wann der richtige Zeitpunkt ist, Vermögen an die nächste Generation weiterzugeben – das bleibt menschlich und zutiefst individuell.

Der gefährliche Anschein von Kompetenz

Der Bot klingt extrem überzeugend, die Antwort wirkt fundiert. Und ja, manchmal trifft er sogar ins Schwarze. Aber genau das ist das Problem: Künstliche Intelligenz erzeugt Scheinpräzision. Ihre Stärke ist die Sprache, nicht der Sachverstand. Die Antwort klingt wie aus dem Lehrbuch – ist aber oft ein Potpourri aus Wahrscheinlichkeiten, Trainingsdaten und algorithmischem Optimismus. Nur eben in geschliffenem Ton.

Was viele dabei übersehen: Diese Systeme sind nicht haftbar. Sie tragen keine Verantwortung. Kein KI-Assistent haftet für eine riskante Anlageentscheidung. Kein KI-System fragt zurück, wenn es merkt, dass Sie gerade dabei sind, auf Basis von gefährlichem Halbwissen Ihr Depot umzubauen oder Ihre Nachlassplanung zu regeln. Die Maschine nickt alles ab – und das auch noch freundlich.

Mehr noch: KI ist per Definition nie unabhängig. Sie lernt aus bestehenden Daten. Sie kennt keine Interessenkonflikte, weil sie keine Interessen kennt. Und wenn ein Tool Ihnen eine Empfehlung gibt, basiert diese nicht auf Ihrer konkreten Lebenssituation, sondern auf einem statistischen Korridor, der tausend andere meint, aber nicht unbedingt für Sie passend ist.

Wer plant, mithilfe von KI größere Teile seiner Vermögensstruktur umzusetzen – sei es Liquidität, Anlage, Steuern oder Nachfolge –, sollte sich über eines im Klaren sein: Die Maschine kennt keine regulatorischen Pflichten. Sie führt kein Aufklärungsgespräch, stellt keine kritischen Rückfragen. Sie kennt weder Emotionen noch ethische Überlegungen und schon gar keine generationsübergreifenden Spannungen. Sie kennt nur Wahrscheinlichkeiten. Und Wahrscheinlichkeiten allein sind noch kein Plan – erst recht kein guter.

Künstliche Intelligenz in der Finanzbranche

Nutzen Sie KI ruhig als Impulsgeber, als Ideensammler, als Sparringspartner, um sich selber herauszufordern und, ja, auch gerne als Assistent im Finanzalltag. Aber verwechseln Sie nicht Werkzeug mit Weisheit. Denn was wir dringend bräuchten, ist nicht noch mehr Technik. Es gibt heute schon eine unüberschaubare Anzahl an nützlichen Tools für alle möglichen Bereiche. Wir bräuchten mehr Klarheit darüber, wofür wir sie optimal einsetzen sollten.

Alles Liebe
Stefan Heringer

P.S.: Ich freue mich auf Rückmeldungen unter: nachdenken@neunundvierzig.com

Drei weitere Beiträge zur Neunundvierzig und Prozessen in Unternehmen:

Grundlagen des Umgangs mit Daten: Das kleine Einmaleins der Datensicherheit
Zu unserem Selbstverständnis: Wie politisch muss ein Honorarberater sein?
Und eine ganz persönliche Geschichte: Darum liebe ich meinen Beruf.

30/08/2025

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