von Stefan Heringer
Sehr geehrte Damen und Herren,
haben Sie auch eine Vermögensverwaltung bei einer Bank oder einem Verwalter?
Dann bekommen Sie seit einigen Jahren auch am Jahresende eine sogenannte Ex-post-Kostenberechnung Ihres Instituts nach Ablauf eines Kalenderjahres. Darauf sollen dem Verbraucher sämtliche Gebühren transparent gemacht werden ‒ von Transaktionskosten bis hin zu den Kosten der verwendeten Produkte. Also ist in puncto Transparenz jetzt alles in Ordnung?
Mit Dachfonds umgehen Banken das Provisionsverbot in der Vermögensverwaltung
Nein! Bestandsprovisionen – wir sprechen lieber von Schmiergeldern – müssen im Rahmen einer Vermögensverwaltung dem Kunden zwar mittlerweile zurückerstattet werden. Doch die Folge ist lediglich, dass viele Institute auf einmal den unbändigen Drang verspüren, Ihre Vermögensverwaltungen in strukturierte Produkte wie Dachfonds umzutopfen. Dort verbleiben die Bestandsprovisionen – das sind bis zu 0,9 % I H R E S angelegten Vermögens jedes Jahr ‒ bei der Bank. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Das ist auch der Grund, warum Online-Broker Ihnen in regelmäßigen Werbeaktionen „großzügiger Weise“ immer wieder ausgabeaufschlagfreie Fonds anbieten.
Festpreisgeschäfte unterlaufen Transparenzvorgaben
Es gibt noch genügend weitere Möglichkeiten, wie Banken und Verwalter intransparent auf Ihre Kosten Geld verdienen. Etwa Zertifikate: Weder die meist völlig intransparente Struktur noch die damit auch gut verschleierten internen Kosten müssen offengelegt werden. Sie fließen so auch in keine Kostenberechnung ein. Ein weiterer Klassiker ist das sogenannte Festpreisgeschäft. Hier wird ein Wertpapier zu einem festen Preis für den Kunden ins Portfolio gekauft. Aufgrund der Vielzahl von Orders bei den Instituten werden daher sogenannte Blockorders platziert und die Wertpapiere danach auf die einzelnen Kunden verteilt. Inwieweit der abgerechnete Kurs in Ihrem Portfolio dem tatsächlichen Börsenkurs entspricht, ist für Sie faktisch nicht nachvollziehbar.
Haben Sie die einzelnen Transaktionen Ihres Verwalters tatsächlich schon einmal nachvollzogen und überprüft, ob die ausgeführten Kurse tatsächlich faire Marktkurse waren? Ich habe in über 20 Jahren noch nie einen Mandanten kennengelernt, der das getan hat ‒ nicht mal stichprobenartig.
Einem Bankinstitut, das von Provisionen lebt, eine Vollmacht für Transaktionen in sämtlichen Anlageklassen zu geben, ist ungefähr so, als ob Sie zur Blutspende gehen in dem Wissen, dass die Buchhaltung der Blutbank von Vampiren gemacht wird. Denken Sie bei Ihrer nächsten Abrechnung mal darüber nach.
Provisionsverbot und Honorarberatung als Ausweg
Die gesamte deutsche Finanzbranche aus Banken und Versicherungen gibt nicht umsonst 200 Mio. € im Jahr aus und beschäftigt über 1.500 hochbezahlte Lobbyisten. Sie ist damit eine der mächtigsten Stimmen in sämtlichen politischen Entscheidungsprozessen und bestimmt die Regulierung des eigenen Sektors maßgeblich selber mit. Mit einem ganz klaren Ziel: sich mit Händen und Füßen gegen mehr Kostentransparenz für die Kunden zu wehren ‒ seit der Finanzkrise vehementer denn je. Nur das Verbot aller Provisionen und eine gesetzlich geregelte Verpflichtung zur Honorarberatung wird dieses Elend beenden.
Liebe Grüße
Ihr Stefan Heringer
Neunundvierzig Honorarberatung
P. S.: Ich freue mich auf Rückmeldungen unter: nachdenken@neunundvierzig.com.
Drei unserer Lieblingsblogs zum Thema Honorarberatung und Provisionsirrsinn:
- Honorarberatung ist mehr als ein faires Preismodell
- Zu Risiken und Nebenwirkungen von Finanzrezepten fragen Sie Ihren Honorarberater
- Provisionsverbot jetzt!
10/04/2021