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Die Wahrheit? Nur, wenn sie mir passt!

von Stefan Heringer

Sehr geehrte Damen und Herren,

Stellen Sie sich vor, Sie stoßen zufällig auf einen Artikel, der erklärt, warum Tech-Aktien völlig überbewertet seien und ein baldiger Crash unausweichlich sei. Dummerweise sind Sie gerade mit 50 % Ihres Portfolios in US-Technologie investiert. Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie den Artikel ernst nehmen?

Willkommen beim *Confirmation Bias* – einer der mächtigsten kognitiven Verzerrungen überhaupt. Dieser psychologische Mechanismus sorgt dafür, dass wir bevorzugt Informationen wahrnehmen, die unsere bestehende Meinung bestätigen – und alles andere ausblenden oder als unglaubwürdig abtun.

Im Klartext: Wir suchen nicht nach Wahrheit, wir suchen nach Bestätigung.

Wie der Confirmation Bias Ihre Geldanlage gefährden kann

Mit dem Confirmation Bias richten wir es uns bequem ein – und genau das wird gefährlich. Denn er führt dazu, dass wir Risiken übersehen, Warnzeichen ignorieren und unsere Strategie selbst dann noch für genial halten, wenn sie längst nicht mehr zur eigenen Lebenssituation passt.

Ein paar Beispiele gefällig?

  • Sie glauben an den Immobilienmarkt? Dann lesen Sie wahrscheinlich vor allem Studien, die Betongold für unschlagbar halten – und kaum eine Zeile über sinkende Mieten, Sanierungspflichten oder demografische Risiken.
  • Sie sind überzeugt, dass der Euro bald kollabiert? Dann folgen Sie vermutlich den üblichen Crash-Propheten, die Ihnen seit 2009 jedes Jahr den finalen Untergang vorhersagen – und blenden aus, dass es der Währungsunion trotz aller Krisen bislang recht gut geht.
  • Sie schwören auf Dividendenaktien? Dann feiern Sie jede Ausschüttung – selbst wenn die Kursentwicklung in Ihrem Depot enttäuschend ist.

Der Confirmation Bias sabotiert rationales Denken

Das Perfide daran: Je mehr wir uns mit einem Thema beschäftigen, desto selektiver wird unser Blick. Wer sich einmal eine Meinung gebildet hat, will Recht behalten – und sucht unbewusst nach allem, was dieses Gefühl bestätigt. Fakten, die unsere Überzeugung infrage stellen? Schieben wir beiseite und erklären sie für irrational. Hauptsache, das Bauchgefühl bleibt intakt.

Dabei ist die wichtigste Fähigkeit für erfolgreiches Investieren nicht Intuition, sondern Selbstkritik. Nicht, dass Sie Ihre Strategie jedes Jahr umwerfen sollen – aber Sie sollten sich regelmäßig fragen:

  • Warum glaube ich das?
  • Was würde meine Meinung ändern?
  • Welche Informationen meide ich gezielt?

Und vor allem: Habe ich mich jemals aktiv mit dem Gegenteil meiner Überzeugung beschäftigt? Habe ich gegenteilige Hinweise ernst genommen – oder sie mit dem Confirmation Bias abgetan?

Confirmation Bias erkennen: So vermeiden Sie Denkfehler beim Investieren

Die Kapitalmärkte sind keine Bühne für Helden, sondern ein Ort für Demut. Wer dauerhaft erfolgreich investieren will, muss sich selbst und seine Einschätzungen infrage stellen können.

Wenn Sie sich dabei ertappen, dass Sie gerade die dritte Analyse lesen, die Ihre Meinung bestätigt: Legen Sie sie beiseite. Und lesen Sie stattdessen eine, die das Gegenteil behauptet. Sie werden überrascht sein, wie wertvoll das ist.

Oder noch besser: Sprechen Sie mit jemandem, der nicht Ihre Meinung teilt – sondern Ihre Interessen im Blick hat.

Alles Liebe
Stefan Heringer

P.S.: Ich freue mich auf Rückmeldungen unter: nachdenken@neunundvierzig.com

Drei weitere Beiträge zu Kapitalmarkt und Psychologie:

Schmerzen oder Nichtstun? Der Action Bias
Joy of Missing Out
Stress: Es sind "nur" die Hormone

03/05/2025

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