von Dr. Nikolaus Braun
Sehr geehrte Damen und Herren,
irgendjemand muss früher oder später im Lotto gewinnen – das könnten theoretisch natürlich auch Sie sein. Warum auch nicht? Was für eine nette Hoffnung. Zweifellos kann der Kauf eines Lotterieloses eine kleine Streicheleinheit für die Seele sein. Ökonomisch ist es dagegen unzweifelhaft völliger Unsinn: Der statistische Erwartungswert einer Lotto-Wette ist negativ.
Wenn Sie ab und zu Lotto spielen, machen Sie sicher nicht viel verkehrt. Problematischer ist es, wenn Sie die Lotto-Logik auf andere Lebensbereiche übertragen, zum Beispiel Ihr eigenes Unternehmen oder Ihre Karriere.
Ob Lotto oder eigenes Unternehmen: Wer auf den Jackpot setzt, wird (fast) immer scheitern
Klar, irgendjemand wird der nächste Brad Pitt, die nächste J. K. Rowling oder der nächste Kirill Petrenko sein: Aber egal, ob Schauspieler, Schriftstellerin oder Dirigent: Vermutlich sind es nicht Sie. Irgendjemand wird für sein Start-up eine 100-Millionen-Euro-Finanzierung bekommen oder den erfolgreichsten Börsengang seit Facebook hinlegen. Werden Sie es sein?
Es ist verlockend, sich mit seiner unternehmerischen Idee auf den Massenmarkt zu konzentrieren. Der Lohn für den, der in dieser Lotterie gewinnt, bedeutet Reichtum, vielleicht auch Ruhm. Es ist verlockend, einen Massen-Podcast oder eine Nachrichtenseite für ein breites Publikum aufzubauen oder als Schauspieler derjenige zu sein, der in fast jede Rolle schlüpfen kann.
In unserem Business scheint es naheliegend, sich als Privatbank zu positionieren und im ganz großen Becken der Vermögenden zu fischen oder aber ein cooles Fintech zu gründen und damit die wichtigsten Buzzwords zu bedienen, die der Markt attraktiv findet: Robo, digital, skalierbar, deep retail. Am Besten bieten Sie gleich alles für jeden an. Vielleicht treffen Sie damit ja den Jackpot. Wahrscheinlicher bleiben Sie allerdings farblos, austauschbar und bedeutungslos.
Denn wer für alles steht, steht für nichts
Besser ist es, Sie vergessen diese Glücksspiel-Logik. Egal, in welchem Business Sie sind – es ist viel produktiver, sich stattdessen auf schrittweise Fortschritte und auf das, was Marketing-Guru Seth Godin so treffend die kleinste mögliche Zielgruppe nennt, zu konzentrieren. Das macht zwar selten Schlagzeilen, aber es ist viel wahrscheinlicher, dass es funktioniert. Und auf lange Sicht ist es wesentlich lohnender und befriedgender.
Alles Liebe
Ihr Nikolaus Braun
P. S.: Dieser Artikel beruht auf Seth Godins Blog Post Lottery Logic.
P.P.S.: Rückfragen, Kritik oder Anmerkungen schicken Sie gerne an nachdenken@neunundvierzig.com
Hier drei unserer Lieblingsblogs zu unserem Geschäftsmodell:
- Honorarberatung ist mehr als ein faires Preismodell
- Honorarberatung: Nicht für Sie?
- Banking is necessary. Banks are not. (Bill Gates 1994)
17/06/2023