von Dr. Nikolaus Braun
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie zuletzt zwischen Finanz- und Euro-Staatsschuldenkrise erlebt Gold in den letzten Jahren wieder einen erstaunlichen Höhenflug und stieg im Frühjahr dieses Jahres zum ersten Mal auf einen Preis von über 2.000 US-$ pro Unze. Höchste Zeit, um noch auf den fahrenden Zug aufzuspringen? Nein.
Gold ist keine rationale Anlage
Gold als Investment ist auf den ersten Blick ein ziemlicher Unsinn: Zunächst ist Gold eine reine Preisspekulation. Es steigt im Wert ‒ oder es fällt. Unternehmen müssen in der Summe langfristig Gewinn abwerfen und Investoren über Zinsen oder Dividenden für das eingegangene Risiko entschädigen – zumindest solange eine marktwirtschaftliche Ordnung existiert. Gold, aber auch Rohstoffe, Kunst und Oldtimer müssen das nicht. Schlimmer als bei Rohstoffen spielt die industrielle Nutzung von Gold für die Preisbildung keine Rolle.
Monokulturen in Gold sind eine hochriskante Wette
Vor dem Hintergrund ist es aberwitzig, wie viele Investoren meinen, sie könnten ihr Vermögen durch eine Monokultur in Gold schützen. Ein Unsinn, der nicht zuletzt von der unsäglichen Zunft der Crash-Propheten befeuert wird. Gold ist ein ausgesprochen riskantes Investment. Schauen wir hier einfach mal auf die Zahlen: Wer viel Pech hatte und zum ungünstigsten Zeitpunkt – Anfang 1980 – eingestiegen ist, hat mit Gold im Juli 1999 drei Viertel seines Geldes verloren. Im schlimmsten Fall musste er über 30 – in Worten: dreißig ‒ Jahre durchhalten, um inflationsbereinigt wieder an sein eingesetztes Kapital zu kommen.
Da wirken ein maximaler Verlust von inflationsbereinigt -57 % am weltweiten Aktienmarkt und eine Durststrecke von knapp 14 Jahren fast wie ein Spaziergang. Und der ganze Ärger für eine historisch langfristig erzielte Rendite von 0,8 % p. a. Insofern spricht erst einmal alles gegen eine Investition in Gold.
Gold ist nur als bewusst „mythische“ Investition sinnvoll
Vor dem Hintergrund der nüchternen Zahlen sind die blumigen Aussagen von Goldhändlern eine intellektuelle Zumutung. Aussagen wie „Mit Edelmetallen investieren Sie in reale Werte und nicht in Versprechungen“ könnten falscher nicht sein. Wer Gold kauft, investiert eben gerade nicht in „reale Werte“. Im Gegenteil: Gold ist nichts anderes als eine weltweit seit Hunderten von Jahren funktionierende Konvention. Eine nahezu weltweit seit vielen Jahrtausenden geltende Verabredung, dass dieses Metall etwas wert ist, und das Versprechen, dass das auch in Zukunft so bleiben wird.
Gerade diese mythische Qualität von Gold ist aber genau der Grund, weshalb Gold ein sinnvoller Teil Ihrer Vermögensstruktur sein kann. Und das meine ich völlig ironiefrei. Nehmen Sie einen kleinen Anteil ‒ 1, 2, maximal 3 % ‒ Ihres Vermögens und kaufen sich davon Gold. Physisch, sprich als Münzen, in kleinen Stückelungen, nicht in größeren Barren, und legen Sie das in ein Schließfach oder vergraben es notfalls im Keller.
Eine Goldmünze = ein Laib Käse?
Wenn wir uns in meiner robust positiven Sicht auf die Zukunft täuschen, die Welt doch im Chaos versinkt, die freie Marktwirtschaft zusammenbricht oder Ähnliches: Dann haben Sie eine gewisse Hoffnung, dass die Fiktion Gold weiterträgt. Dann spielt es auch keine Rolle, was Sie für dieses Gold einmal bezahlt haben, sondern nur noch, was Sie dafür noch bekommen: Vielleicht einen großen Laib Käse oder einen halben Schinken? Unter diesen Voraussetzungen machen Sie mit einer kleinen Investition in Gold nicht viel falsch. Und vermutlich wird Ihr Gold auf lange Sicht unter starken Schwankungen zumindest seinen Wert erhalten.
Alles Liebe
Ihr
Nikolaus Braun
Neunundvierzig Honorarberatung
P. S.: Der Beitrag beruht auf einem Kapitel aus meinen Buch Über Geld nachdenken. Klug entscheiden. Gelassen bleiben. Lebensqualität gewinnen
P. P. S.: Die Zahlen zu den Renditen von Gold beruhen auf Gerd Kommer, Souverän Investieren. S. 243, S. 253, sowie auf seinem Blogbeitrag der Corona-Crash - was tun? Rendite in US-Dollar auf 120 Jahre.
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30/09/2023