von Stefan Heringer
Sehr geehrte Damen und Herren,
In the long run we are all dead.
Das wohl berühmteste Zitat von John Maynard Keynes bietet eine ernüchternde Langfristperspektive. Aber wie lange ist nun eigentlich langfristig?
Immobilien-Investoren denken langfristig - Kapitalanleger meist kurzfristig
Die für viele Menschen wichtigste Anlageklasse, bei der man intuitiv und völlig zu Recht einen sehr langfristigen Horizont unterstellt, sind Immobilien. Häufig werden diese nicht nur ein Leben lang bewohnt, sondern an die nächste Generation weitergegeben ‒ fünfundzwanzig Jahre erscheinen hier richtig kurzfristig.
Beim Thema Wertpapieranlagen hingegen sucht man diese langfristige strategische Herangehensweise leider meist vergebens. Ein Kollege meinte mal spöttisch zu mir: „Wenn ein Kunde langfristig sagt, meint er: bis zur nächsten Korrektur.“
Transparenz überfordert viele Kapitalmarkt-Investoren
Eine der größten Vorteile bei Kapitalanlagen ist ‒ so paradox dies klingen mag ‒ gleichzeitig Ihr größtes Problem: die Preistransparenz und jederzeitige Verfügbarkeit. Die ständige Verfügbarkeit von Preisen und die daraus resultierende Hektik verleitet uns dazu, die Anlage permanent zu bewerten, zu hinterfragen und hindert uns im Umkehrschluss daran, einen langfristigen strategischen Plan konsequent durchzusetzen.
Gute Kapitalanlage ist einfach umzusetzen
Dabei wäre es in der Theorie relativ simpel. Sie müssen Ihr liquides Vermögen weltweit möglichst breit streuen, Produkte mit geringen Kosten verwenden und nicht ständig irgendwelchen Modetrends oder Analysen von vermeintlichen Börsen-Gurus hinterherlaufen. Diese Punkte berücksichtigt und einen ausreichend langen Anlagehorizont vorausgesetzt, sinkt das Verlustrisiko am Kapitalmarkt nahe Null.
Kapitalmärkte erholen sich langfristig wieder
Soweit Kapitalmarktdaten zurückreichen – und für den US-Markt ist das bis 1872 ‒, wurden zwischenzeitliche Verluste i m m e r wieder aufgeholtund die Investition mit einer Risikoprämie (Rendite) vergütet. Solange Marktwirtschaft existiert und funktioniert, muss das auch genauso sein: Ein Kapitalismus, in dem der Investor statistisch leer ausgeht, ist nicht vorstellbar.
Dazu kommt, dass Sie als Kapitalmarktinvestor nur im absoluten Ausnahmefall eine hundertprozentige Aktienquote ertragen sollten. Durch die Beimischung risikoarmer Anlagen können Sie Ihr Risiko und damit die Zeit, die Sie in schlimmen Zeiten durchhalten müssten, deutlich senken.
Bei einem weltweit gestreuten Portfolio und einer Aktienquote von 60% wäre in den letzten dreißig Jahren Ihre längste Durststrecke nicht einmal sechs Jahre gewesen (vereinfachtes Portfolio 60 % MSCI World; 40 % REX P) Trotz Internet-Blase, 11. September, Finanz- und Eurokrise. Würden Sie Ihre Immobilie nach sechs Jahren entnervt verkaufen, wenn Sie nach rund 10 % Kosten für Grunderwerbsteuer, Makler und Notar noch nicht im Plus sind?
Anders ausgedrückt: Wenn Sie eine Vermögensverwaltung wie eine Immobilieninvestition behandeln, weltweit über intelligente Produkte streuen und gelassen bleiben, ist Ihr Erfolg kaum zu verhindern.
Liebe Grüße
Stefan Heringer
Neunundvierzig Honorarberatung
PS: Rückfragen, Kritik oder Anmerkungen schicken Sie gerne an nachdenken@neunundvierzig.com
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30/04/2019