von Stefan Heringer
Sehr geehrte Damen und Herren,
ein Gespenst geht um in Deutschland. Nachdem der gebeutelte brave deutsche Sparer jahrelang mit Nullzinsen gedemütigt wurde, kommt es jetzt knüppeldick. Mittlerweile sind sogar Negativzinsen auf Konto- und Sparguthaben kein Tabu mehr und werden offen diskutiert. Die Medien überschlagen sich mit Meldungen und Kommentaren über diese historische Situation, bei der Sparer keine Erträge mehr bekommen und enteignet werden.
Negativzinsen sind der Regelfall
Doch ist diese Situation wirklich so ungewöhnlich? Ein ungeschönter rationaler Blick in die Vergangenheit lässt nur einen Schluss zu: Es ist alles andere als außergewöhnlich und im Gegenteil sogar eher der Normalzustand.
Wir haben über den Zeitraum von 1960 bis heute für jedes Jahr die realen Umlaufrenditen langfristiger deutscher Bundesanleihen nach Steuern und Inflation berechnet. Die Durchschnittsrendite in diesem Zeitraum liegt bei exakt 0,01 %. Selbst in den 1970er-Jahren mit Zinsen im zweistelligen Bereich waren die Realrenditen jedes Jahr negativ – durch die hohe Inflation und einen Spitzensteuersatz von über 50 %.
Klassisches Sparen vernichtet Vermögen
Das ist auch gar nicht verwunderlich. Die Rendite für ein Investment ist eine Prämie für eingegangenes Risiko. Wenn ich nicht bereit bin, ein Risiko zu tragen, kann ich auch keine Rendite erzielen. So einfach ist das. Vor diesem Hintergrund ist das Sparverhalten in Deutschland absurd – Studien zufolge liegen gut 40 % des liquiden Vermögens auf Konten brach und das obwohl Bankguthaben alles andere als risikofrei sind. Weitere 30 % sind in Lebensversicherungen investiert, die bestenfalls bedingt geeignet sind um Vermögen aufzubauen.
Die Lösung: Investieren statt Sparen
Der Ausweg wäre relativ einfach: Werden Sie vom Sparer zum Investor. Was unterscheidet die beiden?
Für den Sparer ist Planungssicherheit das alles entscheidende Kriterium – er kann auf die Nachkommastelle exakt kalkulieren, wo sein Guthaben am Jahresende steht. Diese Sicherheit ist gleichbedeutend mit Renditeverzicht. Ein Investor tauscht diese Planungssicherheit gegen eine hohe Wahrscheinlichkeit auf langfristig deutlich höhere Erträge. Die Schwankungen, die damit einhergehen, muss er ertragen in der Gewissheit, dass ein marktwirtschaftlich geprägtes System dem Investor eine Rendite schuldet, die sich früher oder später niederschlagen wird.
Es wäre für unsere alternde Gesellschaft, in der private Vorsorge immer wichtiger wird, ein Segen, wenn mehr Menschen ihre Art zu sparen kritisch hinterfragen. Wenn Sie endlich beginnen würden, strategisch langfristig zu investieren. Viele andere Länder machen uns vor, wie es besser geht.
Sparen Sie noch ‒ oder investieren Sie schon?
Liebe Grüße
Stefan Heringer
Neunundvierzig Honorarberatung
PS: Rückfragen, Kritik oder Anmerkungen schicken Sie gerne an nachdenken@neunundvierzig.com
Drei unserer Lieblingsblogs zum Thema Negativzinsen und klug entscheiden:
- Ein Hoch auf die EZB!
- Warum es nicht gelingt, den Kapitalmarkt auszutricksen
- Wann soll ich einsteigen?
20/10/2019