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Retten Sie Ihr Vermögen! Jetzt kommt der Crash-Prophet: Spaß am Untergang

von Dr. Nikolaus Braun

Sehr geehrte Damen und Herren,

ein Blick auf die Bestseller-Listen für Finanzbücher ist deprimierend: Max Otte, Weick & Friedrich, Markus Krall, Dirk Müller. Crash, Untergang, Zusammenbruch – schon 2020 (Krall), spätestens 2023 (Friedrich & Weick). Ähnliche Thesen finden ihren Weg in Talkshows, auf die Titelseite der Bildzeitung, und selbst (sonst) vernünftige Freunde fragen mich, wann der große Crash kommt.

Crash-Propheten sind gefährlicher für Ihr Vermögen als der Crash

Natürlich muss es immer wieder Korrekturen, Krisen und Crashs an den Kapitalmärkten geben. Nur leider sind sie alles andere als prognostizierbar. So kommt es, dass Crash-Propheten zwar selber bestens mit ihren Prognosen verdienen, das Vermögen ihrer Anhänger aber mehr gefährden als jeder Crash. Deshalb widmen wir dem Thema eine kleine Reihe und eine eigene Veranstaltung. Wir werden die Thesen der Crash-Propheten in einem Fakten-Check beleuchten und die ernüchternden Anlageergebnisse der Herren untersuchen. Und wir zeigen Ihnen, wie Sie Ihr Vermögen wirklich schützen können ‒ in erster Linie vor Crash-Propheten, aber auch vor einem Crash.

Wie funktioniert also eine gut erzählte Prophezeiung?

Im ersten Teil schauen wir uns heute die rhetorische Mechanik des Untergangs an. Denn hier geht es um wesentlich mehr als nur um Marketing und Verpackung.

Erstens: Es gibt eine dunkle Bedrohung, rhetorisch oft aufgeladen mit moralischen Kategorien und dem Inventar der Unterwelt: Zombie-Unternehmen, Schattenbanken, hemmungsloses Gelddrucken.

Zweitens: Nur dem Propheten ist diese eigentlich offensichtliche Bedrohung offenbar.

Er versucht – drittens –, die Bevölkerung zu warnen, und konfrontiert das Establishment: Politiker, Wirtschaftsweise und die Ausgeburt der Hölle: die EZB. Natürlich wird er dafür verlacht und nicht ernst genommen. Das liegt aber nicht daran, dass der Prophet offensichtlich Unsinn redet. Im Gegenteil: Ausgelacht zu werden, erhöht seine Glaubwürdigkeit.

Denn ‒ viertens – ist das Establishment Teil einer großen Verschwörung. Es hat eine verdeckte Agenda, profitiert von der Situation und möchte uns alle täuschen. Die Krisenverursacher sind die Krisengewinner (Weick & Friedrich).

Fünftens: Nur wer dem Propheten folgt – seine Bücher kauft, Workshops und Vorträge bucht und in seine Fonds investiert ‒, kann sein Vermögen retten. Alle anderen sind dem Untergang geweiht; für sie bedeutet der Crash Altersarmut, Niedergang. Dass bei der Behandlung des „größten Crashs aller Zeiten“ der Superlativ das beliebteste Stilmittel ist, versteht sich fast von selbst.

Eine gute Geschichte ist meist das Gegenteil einer guten Analyse

Insgesamt ist das ein uraltes Narrativ, seitdem Propheten im Alten Testament meist vergeblich vor der Rache Gottes gewarnt haben. Ein Narrativ, das wir in vielen Versatzteilen aus Dutzenden Hollywood-Filmen kennen, unterhaltsam und spannend: Etwa Martin Brody, der die Bevölkerung ‒ gegen den Widerstand der örtlichen Politiker ‒ vergeblich vor dem Weißen Hai warnt, oder Sergeant Ellen Ripley, deren Warnung vor einer Alien-Brutstätte auf Planet LV-426 ignoriert wird. Kein Wunder, dass der Weiße Hai ‒ obwohl bereits 1975 erschienen ‒ bis heute mit eingespielten Erlösen in Höhe von 470 Mio. US-$ auf der Liste der drei erfolgreichsten Horrorfilme aller Zeiten steht. Wer der Rhetorik von Crash-Propheten auf den Leim geht, sollte sich bewusst sein, dass eine gute Geschichte meist das Gegenteil einer guten Analyse ist.

Crash-Propheten argumentieren strukturell antiliberal

Und dass die Rhetorik des Untergangs sehr hoch mit geschlossenen, totalitären und antiliberalen Weltbildern korreliert. Sowohl Rechtspopulisten als auch Linkspopulisten argumentieren strukturell identisch: Bedrohung – Verschwörung des Establishments – der große Zusammenbruch des korrupten Systems – Errettung der Auserwählten. Dem Kollaps wird dabei fast immer eine reinigende, kathartische Wirkung zugesprochen, egal, ob es der Kollaps des „kapitalistischen Schweinesystems“ oder der Zusammenbruch des vereinten Europas ist: „Der Crash ist die Lösung“ (Weick & Friedrich). Insbesondere da, wo es um das Personal der Verschwörung geht, sind sich Crash-Propheten, linke und rechte Populisten auch inhaltlich einig. Quelle des Übels sind immer „die“ Politiker, Wirtschaftswissenschaftler und an erster Stelle natürlich die Notenbanken: die EZB und die FED.

Crash-Propheten stehen damit nicht nur in einer Ecke, die chronisch schlechte Laune verbreitet, sondern die Grundfesten unserer Gesellschaft angreift: Aufklärung, Rationalität, empirische Forschung, wissenschaftlicher Diskurs. Sie tragen dazu bei, die Gesellschaft zu spalten.

Crash-Propheten weisen weniger auf ein Problem hin. Sie sind das Problem.

Deshalb: Wenn Sie sich einmal richtig fürchten wollen, dann schauen Sie sich lieber noch mal „Der Weiße Hai“ oder die Alien-Reihe an. Aber lassen Sie Ihre Intelligenz nicht durch Bücher von Müller, Krall & Co. beleidigen.

Liebe Grüße

Nikolaus Braun
Neunundvierzig Honorarberatung

P.S.: Das alles glauben Sie nicht? Oder Sie sehen es genauso? Haben Sie Diskussions- oder Gesprächsbedarf? Schreiben Sie mir gerne unter: nachdenken@neunundvierzig.com.

Drei unserer Lieblingsblogs zum Thema Crash-Propheten:

22/12/2019

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