von Dr. Susanne Zwirlein-Forschner
Sehr geehrte Damen und Herren,
immer wieder erlebe ich in meinem Mandanten- und Bekanntenkreis, dass Erbfälle „an die Substanz“ gehen. Schon die Vererbung einer nicht vollständig selbst bewohnten größeren Immobilie in München löst angesichts des gegenwärtigen Preisniveaus oft Steuern aus, die von den Erben bei Weitem nicht mehr „aus der Portokasse“ getragen werden können. Nach dem Erbfall lässt sich daran leider wenig ändern.
Wer rechtzeitig an seine Vermögensnachfolge denkt, kann erhebliche Steuerfreibeträge ausnutzen.
Vor dem Erbfall sieht es dagegen anders aus. Rechnen wir etwa einmal in der Konstellation eines Ehepaares mit zwei Kindern: Wenn die Eheleute rechtzeitig ihre Nachfolge planen, können sie über 30 Jahre hinweg dreimal die alle zehn Jahre bestehenden Freibeträge von je EUR 400.000 pro Ehegatte und Kind ausnutzen. Das bedeutet, dass jedes Kind von seinen beiden Eltern alle zehn Jahre EUR 800.000 steuerfrei erhalten kann, also jedes Kind über 30 Jahre hinweg EUR 2,4 Millionen, beide Kinder zusammen EUR 4,8 Millionen.
Wie Sie trotz Übertrages die Kontrolle über das Vermögen behalten
Natürlich werden die wenigsten Eheleute auch die Erträge ihres Vermögens und die volle Kontrolle darüber aus der Hand geben wollen. Das wäre schon deshalb nicht sinnvoll, weil Kinder bei der ersten Übergabe meist noch nicht volljährig sind. Eine elegante Lösung ist oft, Vermögen (insbes. Immobilien und Depotbestände) in eine Familiengesellschaft einzubringen, im Rahmen derer den Eltern weiterhin die Kontrolle und vor allem die Erträge zustehen. Die Kinder sind so zwar an der wirtschaftlichen Substanz beteiligt, erhalten aber erst dann Mitspracherechte, wenn sie dieser Aufgabe auch gewachsen sind.
Dass die Eltern sich über einen Nießbrauch die Erträge des übergebenen Vermögens auf diese Weise vorbehalten, wirkt sich auch bei der steuerlichen Bewertung in Form eines spürbaren Abschlags aus. Unterstellen wir etwa einen Bewertungsabschlag von einem Drittel, könnten den beiden Kindern über 30 Jahre hinweg von beiden Eltern im wirtschaftlichen Endergebnis Vermögenswerte von EUR 6,4 Millionen steuerfrei übertragen werden.
Niedrige Progressionsstufen beim Vermögensübertrag nutzen
Sind größere Vermögenswerte vorhanden, könnte das Ehepaar ausnutzen, dass pro Elternteil auf die ersten EUR 300.000 eines steuerpflichtigen Erwerbs nur 11 % Schenkungsteuer anfallen. Damit könnten in Summe in 30 Jahren EUR 3,6 Millionen bzw. unter Einbezug eines Bewertungsabschlags durch das Nießbrauchsrecht im wirtschaftlichen Endergebnis sogar weitere EUR 4,8 Millionen übertragen werden. Alles in allem geben die Eheleute damit an ihre beiden Kinder wirtschaftliche Werte in Höhe von EUR 11,2 Millionen weiter und zahlen hierfür nur EUR 396.000 Schenkungsteuer – kein schlechter Deal, nicht wahr?
Nun aber genug der Kopfrechenübung – wichtig ist der Grundsatz: Je eher die Vermögensnachfolge geplant wird, desto größer sind die Spielräume für Freibeträge und niedrige Progression. Nachdenken über Nachfolge ist daher eine lohnenswerte Aufgabe.
Mit besten Grüßen
Dr. Susanne Zwirlein-Forschner
PS: Haben Sie Fragen oder Ideen? Auf Ihre Rückmeldung freue ich mich – kontaktieren Sie mich gerne unter zwirlein-forschner@sernetz-schaefer.de.
Dr. Susanne Zwirlein-Forschner ist Partnerin der Münchner Rechtsanwaltssozietät Sernetz Schäfer. Ebenfalls von ihr im Blog der Neunundvierzig erschienen:
Drei unserer Lieblingsblogs zum Thema Generationen:
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24/04/2021