von Dr. Susanne Zwirlein
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Möglichkeit, ein Testament zu schreiben, ist eine historische Errungenschaft. Es war keineswegs selbstverständlich, dass eine Person auch für die Zeit nach ihrem Tod Bestimmungen über ihr Vermögen treffen durfte. So war etwa in den germanischen Rechten das Vermögen des „Hausvaters“ automatisch gebundenes Familienvermögen, über das von Todes wegen nicht verfügt werden konnte. Es waren die Römer, welche die Vorteile von Testamenten erkannten: Indem das Vermögen gezielt zugeordnet wurde, konnte eine Vermögenszersplitterung vermieden werden, sodass etwa Unternehmen erhalten blieben. Wegen dieser offensichtlichen Vorteile war die Testamentserrichtung für einen Römer ein sittliches Gebot – ohne ein Testament („intestatus“) zu sterben, galt sogar als unanständig.
Die gesetzliche Erbfolge ist selten die beste Lösung
Und heute? 71 % der Menschen in Deutschland besitzen kein Testament. Das hat zwei Gründe: Erstens ist es meist keine schöne Beschäftigung, sich mit der Planung der Zeit nach dem eigenen Tod zu befassen. Zweitens meinen viele Menschen, dass die gesetzliche Erbfolge, die ohne ein Testament eingreift, völlig in Ordnung sei.
Das trifft allerdings nur selten zu. Allzu oft entspricht die Situation nach dem Eintritt der gesetzlichen Erbfolge nicht den Interessen des Erblassers und seiner engsten Verwandten. Das war zum Beispiel so in dem tragischen Fall von Hannelore und Markus, einem jungen, noch kinderlosen Ehepaar, das sich gerade frisch für den Erwerb einer Immobilie verschuldet hatte, als Markus bei einem Motorradunfall ums Leben kam. Nach der gesetzlichen Erbfolge wurden nicht nur Hannelore, sondern auch die Eltern von Markus Erben, die Hannelore zwangen, das Haus überstürzt zu verkaufen.
Ähnlich überraschend war die Situation für Alma, eine junge Witwe: Ihr Mann verstarb, als die Kinder noch im Grundschulalter waren, und hinterließ kein Testament. Nach der gesetzlichen Erbfolge gingen das halbe Vermögen und insbesondere das von Alma selbst bewohnte und auch als Alterssitz gedachte Haus zur Hälfte an die Kinder. Alma selbst konnte auf diese Vermögenshälfte nicht mehr zugreifen. Teilweise musste für die Kinder gerichtlich ein Pfleger bestellt werden, als grundlegende Entscheidungen über das Vermögen getroffen wurden. Wenn Almas Kinder erwachsen sind, können sie Alma sogar zwingen, das von ihr bewohnte Haus zu verkaufen. Solange Alma die Entwicklung der Persönlichkeiten ihrer Kinder und des Verhältnisses zu ihnen nicht absehen kann, muss sie mit dieser Ungewissheit leben.
Ein kluges Testament schützt Ihre Nachkommen vor unnötigen Konflikten
Die gesetzliche Erbfolge kann in solchen Situationen also durchaus eine Bürde und kein Segen für die Familie sein. In einem Testament gibt es dagegen viele Möglichkeiten, eine gut durchdachte Regelung für die Familie zu treffen: Neben gezielten Erbeinsetzungen kann etwa eine Testamentsvollstreckung für minderjährige Kinder angeordnet werden – hätte Almas Mann das getan und z. B. seine Frau oder einen Anwalt, dem die Familie vertraut, zum Testamentsvollstrecker gemacht, hätte Alma nach seinem Tod weniger Sorgen gehabt. Zusätzlich können in einem Testament auch gezielt Vermögensgegenstände per Vermächtnis an einzelne Personen zugewandt werden – das erspart sehr häufig heftige Familienstreitigkeiten bei der Erbteilung und hätte für Hannelore z. B. das von ihr bewohnte Haus retten können.
Auch an Steuervorteile denken
Wer klug vorsorgt, tut seiner Familie also einen großen Gefallen. Daneben birgt eine durchdachte Vorsorgeplanung auch die Möglichkeit erheblicher Steuerersparnisse: Steuerfreibeträge von bis zu EUR 500.000,- bestehen alle zehn Jahre für enge Verwandte. Wer sein Vermögen schon einige Jahrzehnte vor dem Tod Schritt für Schritt an die nächsten Generationen überträgt oder etwa bei der Erbfolge auch schon seine Enkel bedenkt, verschafft seinen Erben daher Vorteile bei der Erbschaftsteuer. Dabei gibt es zahlreiche Möglichkeiten, den Nutzen – also Dividenden, Zinsen, Mieten oder auch ein Wohnrecht – aus dem übertragenen Vermögen als sogenannter Nießbraucher oder auch im Rahmen einer Familiengesellschaft weiter selbst zu ziehen. Ebenso können Sie auch die Kontrolle über die Werte nur langsam aus der Hand geben. Die Nachfolgeplanung kann also eigentlich gar nicht früh genug beginnen.
Aber das wäre schon ein Thema für einen nächsten Blog – für heute bleibt die Erkenntnis, dass es ein Segen für Ihre Angehörigen ist, wenn Sie auf die römische Art leben und sterben und es nicht versäumen, ein kluges Testament aufzusetzen.
Liebe Grüße
Dr. Susanne Zwirlein-Forschner
PS: Haben Sie Fragen oder Ideen? Auf Ihre Rückmeldung freue ich mich – kontaktieren Sie mich gerne unter zwirlein-forschner@sernetz-schaefer.de.
Dr. Susanne Zwirlein-Forschner ist Partnerin der Münchner Rechtsanwaltssozietät Sernetz Schäfer. Ebenfalls von ihr im Blog der Neunundvierzig erschienen:
Drei unserer Lieblingsblogs zum Thema Generationen:
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20/05/2019