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Liebe Vermögensverwalter: Risiko ist keine Zahl!

von Dr. Nikolaus Braun

Sehr geehrte Damen und Herren,

Vermögensverwalter und Privatanleger sprechen nicht dieselbe Sprache

haben Sie sich mal mit einem Fondsmanager oder Vermögensverwalter über Risiko unterhalten? Beeindruckend, oder? Ist es nicht großartig, zu wissen, dass Ihr Portfolio eine historische Zwölf-Monats-Volatilität von 9,4 hat, einen Value at Risk von 11,2 – bei einem Konfidenzniveau von 95 % auf Sicht von 30 Tagen ‒ und einen historisch backgetesteten Maximum Draw Down von 17,3?

Nein? Sie fanden das Ganze irgendwas zwischen verwirrend und kafkaesk? Da tun Sie Ihrem Vermögensverwalter aber Unrecht. Ganz abgesehen davon, dass Kafka wesentlich liebevoller mit der deutschen Sprache umgegangen wäre und Ihnen einen „backgetesteten Maximum Draw Down“ sicher erspart hätte. Es ist die genuine Aufgabe eines Vermögensverwalters, sich darüber Gedanken zu machen, die Standardabweichung Ihrer Portfoliorendite von einem historischen Durchschnitt zu messen und sich zu überlegen, wie viel Geld Sie im Ernstfall wie wahrscheinlich wie schnell verlieren können. Soweit ist das völlig in Ordnung.

Trotz aller Kennzahlen: Ihr Vermögensverwalter kann Kapitalmarktrisiken NICHT kontrollieren

Was nicht in Ordnung ist, ist, dass Ihr Vermögensverwalter Sie mit dem Zeug – Entschuldigung ‒ ungefiltert vollquatscht und dadurch suggeriert, durch das Messen irgendetwas unter Kontrolle zu haben. Hat er nicht!

  1. Extremereignisse wie das Platzen der Technologieblase 2000, der Einbruch nach dem 11. September 2001, die Finanzkrise 2008 oder zuletzt der Corona-Crash im März 2020 passieren viel häufiger und viel heftiger, als sie nach einer statistischen Normalverteilung zu erwarten wären.

  2. Einbrüche passieren qua Definition unerwartet. Sie lassen sich nicht prognostizieren, so viele Daten man auch auswertet und foltert. Ex post lassen sich im Datensalat immer irgendwelche Signale und Muster erkennen und ein schicker Algorithmus konstruieren. Ex ante gibt es aber immer nur weißes Rauschen.

  3. Deshalb sind bisher auch alle klassischen Modelle zur Risikobegrenzung krachend gescheitert. Sie laufen im Prinzip immer darauf hinaus, die Tür zu schließen, wenn die Kuh schon aus dem Stall ist. Sprich: Aktien werden nach dem Einbruch verkauft, das Modell verbietet einen Wiedereinstieg und Verluste werden damit zementiert: Cash-Lock.

  4. Die Illusion, Risiken kontrollieren zu können, führt im Ernstfall dazu, dass Sie mit Verlusten konfrontiert werden, mit denen Sie nicht gerechnet haben und die Sie dann (mental) massiv überfordern. Die Folge: Stress, schlaflose Nächte, Panikverkäufe – in Summe verlieren Sie nervlich und finanziell massiv an Lebensqualität.

Es ist sicher sinnvoll, sich anzusehen, wie stark in der Vergangenheit Rückschläge am Kapitalmarkt gewesen sind (Maximum Draw Down), um sich vorzustellen, was man finanziell und nervlich (er-)tragen kann. Es kann Ihnen zwar niemand sagen, ob es beim nächsten Mal nicht noch heftiger kommt, aber Sie lassen schon mal die Welt des Wunschdenkens deutlich hinter sich. Ansonsten haben all diese quantitativen Kennzahlen wenig mit Ihrem Leben zu tun, allein schon, weil sie einen viel zu kurzen Zeitraum beobachten.

Ein guter Honorarberater kann Ihnen helfen, sich die richtigen Fragen zu stellen

Ich möchte Ihnen eine andere, eine qualitative Art, über Risiko nachzudenken, vorschlagen. Es fängt damit an, dass Sie sich die richtigen Fragen stellen: Warum ist Geld wichtig für Sie? Wann brauchen Sie es und wie viel, um Ihren Lebensentwurf, Ihren Lebensstandard aufrechtzuerhalten? Für wen tragen Sie finanzielle Verantwortung? Wann und wie bedeutet Geld für Sie Gesundheit, soziale Teilhabe, neue Erfahrungen, Sicherheit und Gestaltungsmöglichkeiten? Wo möchte ich in 15 Jahren wohnen? Wohin in den Urlaub fahren und kann ich es mir leisten, dazu meine Kinder oder Enkel einzuladen? Welche Ausbildung möchte ich meinen Kindern ermöglichen? Wenn Geld gefrorene Zeit ist - wann soll ich es wieder auftauen? Ein guter Honorarberater kann Ihnen helfen, sich die richtigen Fragen zu stellen.

Was Sie am Ende in der konkreten Umsetzung brauchen, sind zwei Bausteine:

  1. Eine solide und vorsichtig gerechnete finanzielle Lebensplanung, die sicherstellt, dass Geld dann zur Verfügung steht, wenn Sie es brauchen.
  2. Ein Portfolio, dessen Risiko an Ihrer Lebensplanung ausgerichtet ist und das nach finanzwissenschaftlichen Kriterien so breit diversifiziert ist, dass es sich nach Krisen fast zwangsläufig wieder erholen wird.

Wenn Sie das tun, ist es völlig unerheblich, ob Ihr Depot zwischendurch mal 25 % unter Wasser ist, Ihr Nachbar mit einer Wette auf Tesla 5.000,- € gewonnen hat oder Ihre Schwägerin bei der Suche nach dem besten Fonds immer noch an den Storch glaubt. Und wenn Sie in Zeiträumen von zehn, 20 oder besser 30 Jahren denken, dann verlieren auch nicht beherrschbare und kurzfristige Risikokennzahlen ganz automatisch ihre Bedeutung.

Alles Liebe, Ihr

Nikolaus Braun
Neunundvierzig Honorarberatung

PS: Ich freue mich auf Rückmeldungen unter: nachdenken@neunundvierzig.com

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21/08/2021

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